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7.4 Kommunalverwaltung: demokratisch, bürgernah, effizient

Verwaltungen stehen unter einem permanenten Anpassungs- und Reformdruck, der vom demografischen Wandel und vom Regelungsbedarf durch neue wirtschaftliche, soziale und ökologische Herausforderungen ausgeht. Das Auslaufen des Solidarpakts, das Abschmelzen der Europäischen Strukturfonds und die Schuldenbremse erzwingen eine kosteneffizientere Verwaltungsstruktur. Auch diesen Entwicklungserfordernissen muss die kommunale Selbstverwaltung gerecht werden.

 

Nun wollen die Menschen nicht pausenlos neue Strukturen, sondern funktionierende Verwaltungsabläufe, verlässliche Ansprechpartner und wirksame Mitsprache bei Planungsprozessen und administrativen Entscheidungen. Aus diesen Gründen wird eine nachhaltige und zukunftsfähige Organisation der öffentlichen Verwaltung nur zu haben sein, wenn die Bürgerinnen und Bürger beteiligt werden und ihre Interessen in den Reformprozess einbringen können. Gerade darin sehen wir den entscheidenden Vorzug kommunaler Eigenverantwortung, Verwaltung bürgernah und effizient gestalten zu können. Es bestehen also gute Gründe, diesen Weg mit Optimismus und Vertrauen in die Kraft der kommunalen Selbstverwaltung anzugehen. Zudem eröffnen moderne Kommunikationstechnologien und Beteiligungsformen, bürgerschaftliches Engagement und das Ehrenamt auch neue Chancen und Wege.

 

Die große Herausforderung besteht also darin, die Verwaltungsausgaben durch wirtschaftlich tragfähige Strukturen an die sinkenden Einwohnerzahlen und schrumpfenden Finanztransfers anzupassen und zugleich die kommunale Demokratie zu stärken. Eine einseitige Orientierung auf Vergrößerung der Landkreise, Städte und Gemeinden oder Ämter ist dabei wenig hilfreich. Verwaltungsstrukturen müssen den Problemlösungen angemessen sein, sie dürfen nicht selbst zum Problem werden. Sie müssen der regionalen Differenzierung folgen – im dicht besiedelten Raum werden wir eher klassische Größen und Strukturen benötigen, in dünner besiedelten Räumen wird der Übergang zu mobilen und digitalen Wegen einerseits die Dezentralität verstärken, andererseits bei puren Verwaltungsabläufen eine stärkere Konzentration und Zentralisierung ermöglichen.

 

Es ist sorgfältig zu klären, welche Aufgabenbereiche auf welcher Verwaltungsebene am besten aufgehoben sind, wo ein größerer räumlicher Zuschnitt notwendig sein kann und bis zu welcher Dimension er sinnvoll erscheint, wie die demokratische Qualität der Entscheidungsprozesse gestärkt werden kann. Funktional- und Strukturreform müssen Hand in Hand gehen. Zwischen den Verwaltungsebenen muss eine klare Kompetenzverteilung durchgesetzt werden, die ineffiziente Doppelarbeit und bürokratische Blockaden verhindert.

 

Allgemeine Verwaltungs­aufgaben zentralisieren, Entwicklung lokal gestalten

 

Ein kluger Ansatz wäre, allgemeine staatliche Verwaltungsaufgaben zu zentralisieren und lokale Gestaltungsaufgaben so weit wie möglich auf die demokratischen Selbstverwaltungsorgane zu verlagern. Formale Verwaltungsangelegenheiten können über die Kombination von zentralen Anlaufstellen, E-Government und mobilen Diensten ebenfalls nutzerfreundlich und effizient abgewickelt werden, ohne dass in jedem Ort eine Außenstelle betrieben werden muss. Demgegenüber sollten die Entscheidungen über die praktischen Dinge und Regeln des öffentlichen Lebens und insbesondere über die Ziele und Investitionen für nachhaltige Entwicklung und Zukunftssicherung in den Städten und Gemeinden konsequent auf die Selbstverwaltungsgremien vor Ort verlagert werden.

 

Gestaltungskraft der Kommunen stärken, Verbandsgemeinde einführen

 

Der Transfer von Entscheidungskompetenz muss immer einher gehen mit einer entsprechenden Verschiebung von Planungsrecht und Finanzausstattung für die übertragenen Aufgaben. Je mehr an Ort und Stelle wirklich entschieden und umgesetzt werden kann, desto mehr können bürgerschaftliche Teilhabe und bürgerschaftliches Engagement gestärkt werden. Demokratie wird gerade dort erlebbar und gestaltbar, wo es um die konkrete Lebenswirklichkeit eines jeden Einzelnen geht. Dem muss die Gestaltung der Gemeindehaushalte und insbesondere der Budgets für freiwillige Ausgaben unbedingt Rechnung tragen.

 

In Brandenburg hat sich neben der Form der Einheitsgemeinden das Amtsmodell bewährt. Zur Weiterentwicklung der kommunalen Strukturen schlagen wir zusätzlich die Einführung der Verbandsgemeinde vor. Die Erfahrungen in anderen Bundesländern, so in unserem Nachbarland Sachsen-Anhalt, aber auch in Rheinland-Pfalz, zeigen, dass auf diesem Weg die Verwaltungskraft der Gemeinden gestärkt werden kann, ohne dass sie dafür ihre politische Selbständigkeit aufgeben müssen.