Diese Website verwendet Cookies.
Zum Hauptinhalt springen

7.3 Vitale ländliche Gemeinden

Während der vergangenen Jahrzehnte hat sich manches in den kleinteiligen Siedlungsstrukturen des ländlichen Raums geändert. Landwirtschaft prägt nicht mehr das soziale Profil, klassische Erwerbsarbeit vor Ort ist Mangelware. Viele pendeln zur Arbeit, viele leben schon von der Altersrente. Nicht wenige sind weggezogen, weil sie Arbeit suchten, beruflich weiterkommen wollten oder das Leben in der Großstadt bevorzugten. Manche sind zugezogen, um ihre individuellen Lebensentwürfe zu verwirklichen und Raum für neues zu schaffen. Zwischen diesen »Raumpionieren« und der alteingesessenen Bevölkerung ergeben sich spannende kulturelle Wechselwirkungen, die zur beiderseitigen Bereicherung der Lebensqualität im Dorf genutzt werden können.

 

Die Dörfer und Kleinsiedlungen gehören zum kulturellen Erbe und zur Identität von Brandenburg. Hier wurde das gesellschaftliche Leben schon immer etwas direkter, nachbarschaftlicher und persönlicher geregelt als in den größeren Städten. Auch Solidarität bekommt hier ein ganz konkretes Gesicht und eine ganz praktische Dimension. Wenn die Gemeinschaft etwas braucht, muss sie es in der Regel selbst auf die Beine stellen. Öffentliche Verantwortlichkeiten und Gemeinbedarfsvorhaben sind handfeste Angelegenheiten. Es ist immer überschaubar, wer etwas tut und wer sich wofür einbringt.

 

Es sind genau diese Eigenschaften des gesellschaftlichen Lebens, welche die kleinen Dörfer und Siedlungen auch im demografischen Wandel zukunftsfähig halten. Die zentralisierten Funktionen der Daseinsvorsorge werden über das eigene Auto oder das öffentliche Verkehrsangebot, über digitale Kommunikation oder mobile Dienste aufrechterhalten. Darüber hinaus muss es einfach viel mehr Raum geben für selbstbestimmte Organisation außerhalb der Versorgungsgroßstrukturen. Technische Innovation und soziale Kompetenz machen es möglich, dass nicht nur Stromerzeugung, Wasserversorgung, Abwasserbehandlung und Müllbeseitigung, sondern auch Kinderbetreuung und Grundschulbildung, Pflege und Sozialarbeit vor Ort im kleinen Siedlungsmaßstab ganz vorbildlich organisiert werden können. Die Politik braucht mehr Mut und Vertrauen in die demokratische und fachliche Kompetenz der Bürgerinnen und Bürger auf dem flachen Land. Die »Dorfbewegung« bietet dabei die Chance, die Dörfer durch zivilgesellschaftliches Engagement selbstbestimmt zu entwickeln. Wir unterstützen Initiativen zur Schaffung von sogenannten Dorfparlamenten.

 

Im ländlichen Raum lokale soziale Ankerpunkte schaffen

 

So können »soziale Ankerpunkte« entstehen. Soziale Ankerpunkte brauchen kundiges, oft sicher auch ehrenamtliches Bodenpersonal und engagierte Lotsen vor Ort. Sie werden keine kalten Verwaltungsstuben sein, sondern Anlaufpunkte für Fürsorge und Unterstützung, für moderne Kommunikation nach außen und traditionelle Kommunikation miteinander. Kultur, Service, Selbstorganisation, Behörden-Guides, E-Government-Schalter, Beratung durch Vereine oder Gewerkschaften. Ein solches Zusammenspiel funktioniert nur bei entsprechender Koordinierung, Unterstützung und Begleitung durch die Gemeindeverwaltung.

 

Miteinander von Stadt und Land gezielt fördern

 

Durch den Einsatz von Europäischen Förderprogrammen und Programmen von Bund und Land können die Initiativen und Ansätze für lokale Selbstorganisation und Verbesserung ländlicher Lebensqualität zielgerichtet unterstützt werden, insbesondere durch die Förderung von Pilotprojekten, Kooperationsvorhaben und Erfahrungsaustausch. Eine Kombination der verschiedenen europäischen Fonds in der neuen Förderperiode ist notwendig, um größere Effekte zu erreichen. Was wir vermeiden wollen, ist ein steuersubventioniertes Tauziehen zwischen Stadt und Dorf um dieselben Bewohner und Investoren, was aus volkswirtschaftlicher Sicht eine Fehlallokation öffentlicher Mittel und aus demografischem Blickwinkel ein Null-Summen-Spiel darstellt. Vielmehr geht es darum, das arbeitsteilige Miteinander von Stadt und Land zu optimieren, in dem alle beteiligten Partner ihre jeweiligen Stärken einbringen und ausprägen. Hierzu sind die Rahmenbedingungen für interkommunale Kooperation zu verbessern, insbesondere, was die Ausstattung mit Planungs- und Regelungskompetenzen betrifft.