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7.2 Starke Städte

Städte sind das Rückgrat des Landes. Hier lebt die Mehrzahl der Brandenburgerinnen und Brandenburger, hier wird der Hauptanteil der Wertschöpfung des Landes erarbeitet, hier finden sich die meisten Unternehmen und Arbeitsplätze, die meisten Bildungs- und Forschungseinrichtungen und hier sind die Zentren der Versorgung des Landes. Städten kommt eine zentrale Rolle bei der Daseinsvorsorge für das Umland, wie auch für die eigene Bevölkerung zu. Mit Angeboten des Nahverkehrs, kultureller und Freizeiteinrichtungen, sowie behördlicher Institutionen fungieren sie als Dienstleister auch für umliegende Gemeinden und ihre Bewohnerinnen und Bewohner. Nicht zuletzt sind Städte Anziehungspunkte für Besucher von außen und damit Visitenkarten für unser Land. Daher bleibt Stadtentwicklung ein vorrangiger Handlungsschwerpunkt der Landespolitik.

 

Die Städte in Brandenburg haben seit 1990 einen erheblichen Entwicklungsschub erfahren, waren zugleich jedoch von tiefgreifenden wirtschaftlichen Umbrüchen und gravierenden demografischen Verschiebungen betroffen. Auf der einen Seite wurden historische Stadtkerne saniert, Wohnviertel modernisiert, Einfamilienhausgebiete entwickelt, Gemeinbedarfseinrichtungen gebaut und die technische Infrastruktur von Grund auf erneuert. Ermöglicht wurde dies nicht zuletzt durch massive Finanztransfers durch Bund und EU. Auf der anderen Seite brachen vielerorts industrielle Großbetriebe weg, die für Arbeit und Wohlstand gesorgt hatten. Die Folge waren drastische Einwohnerverluste, ausgedehnte Gewerbebrachen, gravierender Wohnungsleerstand und untergenutzte Infrastruktur. Währenddessen profitierten die größeren und kleineren Städte im Berliner Umland von massiven Gewerbeansiedlungen und dem Zuzug in die neuen Eigenheimgebiete.

 

In den letzten Jahren haben sich die Diskrepanzen zwischen Schrumpfung und Wachstum noch vertieft. Entsprechend unterschiedlich gestalten sich die Zukunftsperspektiven, wenn nicht entschlossen gegengesteuert wird. Erforderlich sind zum Einen maßgeschneiderte Lösungen für die Stadtentwicklung und zum Anderen die konsequente Einbettung städtischer Entwicklungsperspektiven in offene Interaktion mit dem Umland zum gegenseitigen Vorteil. In den Wachstumskernen geht es hauptsächlich um weitere Ausprägung von Standortvorzügen und urbaner Lebensqualität bei sparsamstem Flächenverbrauch. Die Schrumpfungsstädte stehen zwingend vor der Herausforderung, die Anpassung der Stadtstruktur an den geringer werdenden Raumbedarf zu meistern, um zugleich für Bewohner und Investoren wieder attraktiver zu werden. Bei aller Differenziertheit machen die Wechselwirkungen von Schrumpfung und Wachstum sowie von städtischer Entfaltung und regionaler Entwicklung vor keiner Stadtmauer halt.

 

Leitbild der europäischen Stadt konsequent umsetzen

 

Deshalb orientieren wir uns konsequent am Leitbild der europäischen Stadt: Die Stadt lebt durch und für ihre Bürgerinnen und Bürger. Sie entwickelt wirtschaftliche Potenziale, Wohn- und Lebensqualität, Bildungs- und Freizeitangebote für alle sozialen Gruppen. Die historisch gewachsene kompakte Stadt entspricht nicht nur unseren kulturellen Traditionen und Wertmaßstäben, sie ist durch komprimierte Infrastruktur und kurze Wege auch bürgerfreundlich, wirtschaftlich effizient und ökologisch nachhaltig. Im ländlichen Raum sichert die Stadt als urbanes Leistungszentrum gleichwertige Lebensverhältnisse und die Funktion öffentlicher Institutionen.

 

Kommunen entschulden und föderale Finanzarchitektur reformieren

 

Damit die Städte in Brandenburg ihre Funktion als Ankerpunkte der Landesentwicklung wahrnehmen können, brauchen sie über ihre Funktion bei der Erfüllung staatlicher Pflichtaufgaben hinaus mehr Gestaltungskompetenz und finanzielle Handlungsfähigkeit. Letztlich geht es darum, die strukturellen Ursachen für die Unterfinanzierung zu beheben. Die Finanzausstattung der Städte muss dauerhaft und verlässlich auf ein Niveau gehoben werden, das dem Umfang ihrer Verpflichtungen und Aufgaben entspricht. Hierfür steht zunächst das Land im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten in der Verantwortung. Ein erster Schritt hierzu ist ein Landesprogramm zur Entschuldung von Städten und Gemeinden, die in Haushaltsnotlagen geraten sind. Immer drängender wird es jedoch, auch im Bund die Grundsatzdiskussion zur Reform der föderalen Finanzarchitektur zu spürbaren Ergebnissen zu führen, die den Kommunen mehr eigenständige und stabile Einkommensquellen sichern.

 

Wohnraumförderung und Stadtumbau Ost fortsetzen

 

Zunehmender Schwerpunkt städtischer Entwicklung, gemeinschaftlichen Lebens sowie regionaler Ankerwirkung wird die Sicherung angemessenen, sicheren und bezahlbaren Wohnraums sein. Eine zielgenaue, flexible und effektive Verbindung von Objekt- und Subjektförderung soll dem dienen. Dazu gehört eine verlässliche Fortsetzung der Wohnraumförderung auch durch die Aktivierung des Wohnungsbauvermögens Brandenburgs. Ebenso müssen die Bund-Länder-Programme für die Städtebauförderung und insbesondere für den Stadtumbau Ost fortgesetzt werden. Im kommenden Jahrzehnt ist aufgrund des demografischen Wandels mit einer deutlich schrumpfenden Zahl von Wohnhaushalten und daher mit einer neuen Welle von Wohnungsleerständen und Infrastrukturüberhängen zu rechnen. Stadtumbau beschränkt sich jedoch nicht darauf, überflüssige Bausubstanz und Infrastruktur abzureißen. Mehr noch geht es darum, in jene Strukturen zu investieren, die dauerhaft für eine nachhaltige Stadtentwicklung benötigt werden und von denen die Zukunftschancen des lokalen Gemeinwesens abhängen.

 

Für Schlüsselvorhaben wissensbasierter Stadtentwicklung sollten auf der Grundlage integrierter Konzepte zielgerichtet Mittel aus den Europäischen Struktur- und Sozialfonds (EFRE, ESF) aktiviert werden. Zudem ist unerlässlich, das Programm Soziale Stadt zu reaktivieren, um Investitionen und Impulse in Stadtquartiere zu geben, die um gesellschaftlichen Zusammenhalt kämpfen und Hilfe zur Selbsthilfe brauchen.

 

Mittel in Schrumpfungsregionen auf Städte konzentrieren

 

Angesichts der regionalen Diversität in Brandenburg braucht die Städtebauförderung eine klare räumliche Schwerpunktsetzung. Städte in bevölkerungsschwachen Regionen bedürfen einer überproportionalen Förderung, da hier der Problemdruck am höchsten ist und leistungsfähige zentralörtliche Funktionen am dringendsten gebraucht werden. Auf längere Sicht und für das Zusammenwachsen im vereinigten Deutschland wäre es durchaus sinnvoll, die Stadtumbauförderung in Ort und West nach einheitlichen Bedarfskriterien zusammenzufassen und auf stark benachteiligte Regionen zu fixieren.

 

Die Förderung von Stadt und Land ist enger zu verzahnen. Insbesondere das Zusammenspiel von Stadt, ländlicher Raum und Wirtschaft muss künftig in den EU-Strukturfonds stärker abgebildet werden. Die integrierten Stadtentwicklungskonzepte (INSEK) und Ländlichen Entwicklungskonzepte (ILEK) sowie die daraus hervorgehenden Ziele, Strategien und Maßnahmen müssen besser aufeinander abgestimmt werden.