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4.4 Kulturland Brandenburg

Unsere Kultur ist Ausdruck des Zivilisationsniveaus unserer Gesellschaft. Sie setzt die moralischen Werte und Normen für den menschwürdigen Umgang, den wir in unserem Land inzwischen untereinander pflegen. Diese Werte und Normen sind, wie uns die Geschichte lehrt, nicht in Stein gemeißelt, sondern müssen immer wieder neu gewonnen werden. Dort, wo Kultur verschwindet, entstehen wieder Räume für Menschenhass und Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt. Daher liegt eine umfassende Teilhabe am kulturellen Leben ohne physische und soziale Barrieren im Interesse aller Demokraten und der gesamten Gesellschaft.

 

Brandenburg weist eine reiche und weit gefächerte Kulturlandschaft auf. Die Schlösser und Gärten in Potsdam stehen auf der Welterbeliste der UNESCO. Im Land gibt es 6 moderne Theaterhäuser, vier feste Ensemble und über 20 professionelle Freie Theater. Hinzu kommen 6 Kulturorchester. Es gibt ein flächendeckendes Netz an Museen und Bibliotheken, Kulturzentren und Parks. Im Land lebt eine vielfältige freie Kulturszene. Viele Brandenburger sind heute als Laien in Orchestern, Theatergruppen und Chören aktiv. Der kulturelle Reichtum gehört zur Lebensqualität in Brandenburg und prägt die regionalen Identitäten im Land.

 

Ein Großteil der kulturellen Infrastruktur ist in den vergangenen Jahren erneuert oder modernisiert worden, unter anderem durch Theaterneubauten in Potsdam und Brandenburg, durch Sanierung denkmalgeschützter Theater in Cottbus und Senftenberg, durch die Rekonstruktion von Schloss und Park Branitz, durch Renovierung, Umbau und Instandsetzung vieler Museen sowie durch die permanente Pflege der Parks und Landschaftsgärten. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat es aber auch einige tiefe Einschnitte in das öffentliche Kulturangebot gegeben, die von veränderten Ansprüchen der Menschen, vor allem aber durch finanzielle Engpässe und die Folgen des demografischen Wandels bedingt waren.

 

Wir brauchen eine breite gesellschaftliche Debatte darüber, welchen Stellenwert Kultur in unserem Leben künftig haben soll, welche Kultur wir brauchen, wer Träger dieser Kultur sein soll und wie Kultur finanziert werden kann. Leitmotiv dieser Debatte sollte die Nachhaltigkeit sein. Nachhaltigkeit im Effekt auf Schöpferkraft und Solidarität in unserer Gesellschaft, Nachhaltigkeit in Bezug auf das zivilisatorische Niveau unseres Zusammenlebens und natürlich auch Nachhaltigkeit im Hinblick auf wirtschaftliche Tragfähigkeit und ökologische Bilanz.

 

Nachhaltige kulturelle Strukturen stärken

 

Nachhaltig sind vor allem solche Netzwerke, die stabile Kultureinrichtungen, feste Ensembles, freischaffende Künstler, Laien und Ehrenamtliche, Lernende und Kulturinteressierte integrieren und somit für ein «selbstgemachtes« Kulturleben vor Ort sorgen, das auf das ganze Gemeinwesen ausstrahlt, aktiviert und Identität stiftet. Musik- und Kunstschulen, Chöre und Kantoreien, Malzirkel und Jugendtheatergruppen wirken nachhaltig, da sie selbsttätige Kultur in einem breiten sozialen Spektrum von Generation zu Generation weitertragen. Eventkultur kann nachhaltig sein, wenn sie in periodischer Form organisiert wird, wenn sie der Förderung von Kunst bzw. künstlerischer Ausbildung dient und wenn sie lokal oder regional fest im gesellschaftlichen Leben verankert ist.

 

Um die Kultur nachhaltig in unserer Gesellschaft zu verankern, braucht es die finanzielle Verpflichtung und den inhaltlichen Gestaltungswillen des Landes ebenso wie das eigenverantwortliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger. Kulturelles Leben braucht kreative Akteure ebenso wie gute Organisatoren. Das finanzielle Engagement des Landes ist dort am besten eingesetzt, wo das Zusammenwirken möglichst vieler Kulturakteure unterstützt wird. Besonders gefördert werden sollten künstlerische Innovation, die Pflege unseres kulturellen Erbes, die Verbreitung kultureller Kompetenz und der internationale Kulturaustausch. Unterstützung verdienen auch Projekte, die zur kulturtouristischen Entwicklung der Regionen beitragen, insbesondere im ländlichen Raum. Wenn es um Landesentwicklungsplanung geht, sollten wir nicht nur über industrielle Kerne reden, sondern auch die kulturellen Kerne benennen. Dazu zählen unter anderem die Theater als Leuchttürme der Kulturlandschaft und Knotenpunkte von regionalen kulturellen Netzwerken.

 

Kultur arbeitsteilig zwischen Land und Kommunen entwickeln

 

Die öffentliche Finanzausstattung bzw. Förderung institutioneller Kulturträger und freier Strukturen sollte in einer angemessenen Gewichtung erfolgen, die keine Seite benachteiligt. Noch immer auf der Tagesordnung steht eine klare Abgrenzung der Kulturaufgaben zwischen Land und Kommunen. Es ist sinnvoll, die Verantwortlichkeiten bzw. Trägerschaften für regionale Einrichtungen oder lokale Projekte auf die Landkreise, Städte oder Gemeinden zu verlagern. Dies gelingt nachhaltig aber nur dann, wenn der Transfer von Verantwortung mit der Übertragung der Finanzausstattung einhergeht. Kultur sollte zu einer pflichtigen Selbstverwaltungsaufgabe werden. Jedoch kann dies nicht die Verantwortung des Landes die kulturelle Infrastruktur ersetzen.

 

»Tolerantes Brandenburg« weiterentwickeln

 

Ebenso muss unsere demokratische Kultur weiterhin energisch gegen Rechtsextremismus verteidigt werden. Zu Brandenburgs Werdegang gehört der deutsche Zivilisationsbruch des vorigen Jahrhunderts mit Nazi-Regime, Völkermord und Weltkrieg. Es gibt für unser Land keine gute Zukunft, wenn diese böse Vergangenheit verdrängt, wenn die Lehren daraus gering geschätzt werden oder man sich darüber hinweg setzt. Das Handlungskonzept »Tolerantes Brandenburg« muss fortgeführt und weiterentwickelt werden. Die vielfältigen Kooperationsvereinbarungen sind ein deutliches Zeichen dafür, wie sich das Land Brandenburg und seine Menschen aus unterschiedlichen Perspektiven für eine demokratische, weltoffene Gesellschaft und gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit engagieren.

 

Sorbische/wendische Kultur als Reichtum Brandenburgs bewahren

 

Eine tragende Säule der kulturellen Vielfalt im Land Brandenburg ist die Kultur der Sorben/Wenden. Die Bewahrung und Pflege dieser Kultur ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die eine verlässliche öffentliche Förderung verdient. Dies schließt Sprache und Lebenswelt ebenso ein wie die historischen Zeugnisse sorbischen/wendischen Lebens. Das Recht der Sorben/Wenden auf Schutz, Erhaltung und Pflege ihrer nationalen Identität und ihres angestammten Siedlungsgebietes durch das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände hat in Brandenburg Verfassungsrang. Damit die Minderheit ihre Interessen wirksam vertreten kann, braucht sie eine stabile, im Alltag funktionierende Kultur- und Bildungsautonomie sowie einen starken Rat für sorbische/wendische Angelegenheiten beim Landtag. Es bleibt eine politische und gesellschaftliche Daueraufgabe, die bestehenden Strukturen sorbischen/wendischen Lebens zu unterstützen, Menschen für die Bewahrung und Revitalisierung dieses kulturellen Erbes zu gewinnen und damit der nationalen Minderheit auch eine nachhaltige Zukunftsperspektive zu bieten.

 

Kulturkooperation mit Polen ausbauen

 

Vielfältige Möglichkeiten bietet die kulturelle Zusammenarbeit im deutsch-polnischen Grenzraum. Sie ist heute bereits weit entwickelt, vor allem in den Euroregionen. Dies trägt trotz der fortbestehenden Sprachbarrieren zu einer besseren Verständigung mit unseren östlichen Nachbarn bei und strahlt auch auf andere Bereiche des Zusammenlebens aus. Durch Vereinbarungen über kulturelle Zusammenarbeit sind die bestehenden Potenziale noch besser zu nutzen.