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3.4 Qualifiziert arbeiten für ein Leben in Würde

In der heutigen Gesellschaft bestimmt Erwerbsarbeit über das Maß an gesellschaftlicher Teilhabe. Sie ist Hauptquelle des materiellen Wohlstands, gehört zu einem sinnerfüllten Leben und prägt den sozialen Status. Zu den Prinzipien einer gerechten und solidarischen Gesellschaft zählen die Vergütung nach Leistung, die Chancengleichheit im Berufsleben und die besondere Unterstützung derer, die zur Wahrnehmung von Chancengleichheit physische, mentale oder soziale Barrieren überwinden müssen. Zum erfüllten Arbeitsleben gehören die demokratische Mitbestimmung im Betrieb und die gesellschaftliche Würdigung guter Arbeit.

 

Gerechte Bezahlung und menschenwürdige Arbeitsbedingungen sind eine Forderung, die in der Mitte der Gesellschaft beginnt, und nicht erst an den prekären Rändern des Erwerbslebens. In Brandenburg sind die durchschnittlichen Arbeitnehmerentgelte im vergangenen Jahrzehnt zwar um 13 Prozent gewachsen, die Verbraucherpreise jedoch um 16 Prozent. Faktisch wurde die Steigerung bei den Erwerbseinkommen durch die Inflation aufgefressen. Die Arbeitslosenquote ist zwischen 2000 und 2012 von 19 auf 10 Prozent gesunken. Demgegenüber haben prekäre Arbeitsverhältnisse wie Leiharbeit oder befristete Anstellung deutlich zugenommen, mehr als jeder dritte Beschäftigte befindet sich heute in einer solchen Erwerbssituation.

 

Ohne gesetzlichen Mindestlohn kann Armut nicht verhindert werden

 

Ziel ist, eine gerechte Teilhabe der abhängig Beschäftigten an den Gewinnsteigerungen zu erreichen, die durch Produktivitätsfortschritt und gesteigerte Wertschöpfung erzielt werden. Wir brauchen einheitliche Sozialstandards für alle Beschäftigungsarten. Die Armut in der Arbeit muss beendet werden. Auf der Tagesordnung steht ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn, der ein Leben deutlich über der Armutsschwelle ermöglicht und Armut im Alter verhindert. Allen Erwerbslosen soll eine bedarfsorientierte soziale Grundsicherung zur Verfügung stehen, die eine menschenwürdige Existenz hierzulande erlaubt. Diskriminierungen jeglicher Art ist konsequent entgegenzutreten. Eine Frauenquote für wirtschaftliche Führungspositionen ist überfällig.

 

Diese Forderungen können nur gesamtgesellschaftlich und bundesweit durchgesetzt werden. Die Sozialpartner und die Politik in Brandenburg müssen hierzu ihren Beitrag leisten. Darüber hinaus stehen der Landespolitik Steuerungsinstrumente und Regelungsmöglichkeiten zur Verfügung, um in Brandenburg selbst Maßstäbe zu setzen und Signalwirkungen für eine gerechte und solidarische Umgestaltung der Arbeitswelt zu erzeugen. Wir treten dafür ein, dass der Gesamtkomplex der Arbeitsbeziehungen, inklusive Rechte der Beschäftigten, Mitbestimmung, Gesundheitsschutz, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Organisation der beruflichen Qualifikation in einem Arbeitsgesetzbuch zu bündeln. Auch über eine Verkürzung der Arbeitszeit muss wieder geredet werden.

 

Anlauf für einen neuen ÖBS unternehmen

 

Wir bekennen uns konsequent zu einem nachhaltigen und zukunftsfähigen Öffentlichen Beschäftigungssektor, der reguläre Beschäftigungsverhältnisse schafft. Die Weiterentwicklung dieses Projekts soll auf einer Verknüpfung von Förderinstrumenten des Bundes mit denen von Land und Kommunen beruhen, wobei die Fördermöglichkeiten durch die europäischen Struktur- und Sozialfonds in der Förderperiode ab 2014 genutzt werden sollen. Die bisherigen Defizite des ÖBS, wie Lohnuntergrenze, begrenzte Förderdauer und Verzicht auf Arbeitslosenversicherung, zu beheben. Fortbildungsangebote für Arbeitslose sind im Hinblick auf die fachlichen und sozialen Anforderungen des ersten Arbeitsmarkts und den wirklichen Bedarf an beruflicher Kompetenz zu qualifizieren.

 

Mit dem Vergabegesetz soziale Standards setzen

 

Mehr als jeder zehnte Erwerbstätige ist im öffentlichen Dienst beschäftigt. Öffentliche Einrichtungen wirken als sozial verantwortliche Arbeitgeber mit Vorbildfunktion und setzen Normen, die auf die Gestaltung der gesamtwirtschaftlichen Arbeitsbeziehungen einwirken. Das Vergabegesetz für öffentliche Aufträge fixiert Mindestlöhne und setzt soziale Standards, die weit in die Privatwirtschaft hineinwirken. Tarifliche und soziale Kriterien bei der Bewilligung von Fördermitteln stärken verantwortliches Unternehmertum und steigern die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts für Fachkräfte.

 

Tarifbindung erhöhen – Brandenburg ist kein Billiglohnland

 

Guter Lohn für gute Arbeit geht nur mit starken Gewerkschaften. Es ist nötig, die Tarifbindung im Land zu erhöhen und prekäre Beschäftigung energisch zurückzudrängen. Damit Brandenburg im Wettbewerb um hochqualifizierte und engagierte Fachkräfte bestehen kann, muss es sein früheres Image als Billiglohnland endgültig abstreifen. Vorausschauend Fachkräftesicherung erfordert ein wettbewerbsfähiges Lohnniveau und familienfreundliche Arbeitsbedingungen. Attraktive Ausbildungsangebote sollen helfen, junge Menschen im Land zu halten. Fortbildungsangebote helfen, mit dem Tempo technologischer Innovation Schritt zu halten und den spezifischen Fachkräftebedarf auch innerbetrieblich abzusichern. Zuwanderung muss als wirkliche Chance für eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in Brandenburg begriffen und im Interesse gesellschaftlicher Integration verantwortlich gestaltet werden. Wirtschaftliche Teilhabe durch innerbetriebliche Mitbestimmung soll verbessert werden, wobei für die unterschiedlichen Unternehmensgrößen und Organisationsformen maßgeschneiderte Lösungen im gemeinsamen Interesse der Sozialpartner zu finden sind.

 

Wir meinen: die Zukunft Brandenburgs ist weiblich! Im Zusammenwirken mit dem Frauenpolitischen Rat wurde mit dem Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm 2011 bis 2014 ein konkretes Maßnahmepaket verabschiedet, um die Geschlechtergerechtigkeit in allen gesellschaftlichen Bereichen und Politikfeldern voranzubringen und strukturelle geschlechtsspezifische Benachteiligungen abzubauen. Das Programm wird im Dialog mit Frauenorganisationen und Initiativen regelmäßig aktualisiert und mündet in konkreten Schritten im Sinne der weiteren Gleichstellung von Frauen. Das alles sind Hoffnungszeichen. Dennoch liegen auch in Brandenburg die Löhne und Gehälter von Frauen bei gleicher Qualifikation unter den vergleichbaren Bezügen der Männer. Der Anteil von Frauen in Führungspositionen ist sehr gering. Grundsätzlich geht es darum, die Potentiale, die Kreativität und das Schöpfertum der Frauen für nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung voll zur Geltung zu bringen. Eine Frauenquote für Führungspositionen ist überfällig. Die Umsetzung dieser Ziele ist nicht allein eine Aufgabe von Sozialpolitik oder Frauenvertretungen. Ein neuer Aufbruch im gesellschaftlichen Bewusstsein steht an. Wir brauchen ein sozio-kulturelles Umfeld, das Frauen nicht nur eine berufliche und familiäre Perspektive eröffnet, sondern ein attraktives, freies und selbstbestimmtes Leben ermöglicht und dadurch neue gesellschaftliche Entwicklungspotentiale freisetzt.

 

Im Land ein »Bündnis für Gute Arbeit« schaffen

 

Die Vielzahl der Einzelthemen erfordert einen ganzheitlichen Ansatz zur Neuordnung der Arbeitsverhältnisse im Land. Im Mittelpunkt muss die Teilhabe der Beschäftigten am Wirtschaftleben stehen. Wir schlagen ein »Bündnis für Gute Arbeit in Brandenburg« vor, in dem Landespolitik und Arbeitsagentur, Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften, Kommunen und Bildungseinrichtungen, Selbstvertreter- und Interessengemeinschaften sowie die Verbände der Wohlfahrtspflege vertreten sind.