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3.1 Wirtschaftlicher Strukturwandel: Zukunftsfähigkeit durch Innovation

Der vor zwei Jahrzehnten begonnene Prozess der Restrukturierung und Stabilisierung der Wirtschaft in Brandenburg setzt sich weiter fort. Die Wirtschaftsstruktur wird von einer starken Industrie und einem wachsenden Dienstleistungssektor geprägt, wobei sich die Branche der Unternehmensdienstleistungen besonders dynamisch entwickelt. Das Bruttoinlandsprodukt lag im Jahr 2010 bei 55,8 Md. Euro und übertraf den Vergleichswert aus dem Jahr 1991 um das 2,2-fache. Während der vergangenen Dekade wuchs das BIP schneller als im ost- und gesamtdeutschen Durchschnitt.

 

Die wirtschaftliche Dynamik wurde auch vom konjunkturellen Einbruch zwischen 2008 und 2010 nicht nachhaltig gebremst. Eine weit größere Herausforderung als die konjunkturellen Schwankungen stellen strukturelle Defizite und Ungleichgewichte dar, die einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung in Brandenburg noch im Wege stehen. Es mangelt an industriellen Kernen, die Innovationsimpulse geben und regionale Netzwerke von Zulieferern und Dienstleistern bilden. Es gibt noch wenige Funktionseinheiten mit hoher Wertschöpfung und Humankapitalintensität. Im Vergleich zu anderen Bundesländern sind die Ausrüstungsinvestitionen unterdurchschnittlich gewachsen. Der wirtschaftliche Aufholprozess zu den alten Ländern hat sich verlangsamt, wobei große regionale Unterschiede zwischen der Metropolregion um Berlin und dem ländlichen Raum zu verzeichnen sind. Auch deshalb gehört der Industriepolitik eine besondere Aufmerksamkeit. Der von der rot-roten Landesregierung vorgelegte Plan »Pro Industrie« ist dabei eine Grundlage für die weitere Entwicklung Brandenburgs als Industrieland.

 

Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung benötigt integrativen Politikansatz

 

Um eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in Gang zu setzen, setzt Brandenburg auf einen integrativen ressortübergreifenden Politikansatz für die Verzahnung von Wirtschaftspolitik, Technologiepolitik, Infrastrukturpolitik, ländlicher Entwicklung und Arbeitsmarktpolitik. Nach den zum Teil ernüchternden Erfahrungen mit industriepolitisch gepuschten Großprojekten auf der grünen Wiese verfolgt das Land nun eine Strategie, die sich auf die vorhandenen eigenen Stärken und die daraus erwachsenden Potenziale stützt. Entwicklung wird dort unterstützt, wo sie sich vollzieht. Unter dem Leitmotiv »Stark für die Zukunft – Kräfte bündeln« werden die wirtschaftspolitischen Handlungsschwerpunkte auf Wachstumsbranchen und Regionale Wachstumskerne gelegt. Da die finanziellen Spielräume durch Auslaufen des Solidarpakts, Haushaltskonsolidierung in Land und Bund sowie Abschmelzen der Europäischen Strukturfonds in den kommenden Jahren geringer werden, müssen die verbliebenen Mittel umso konsequenter auf die Handlungsschwerpunkte konzentriert werden. Immerhin stehen in der laufenden Förderperiode 2007 bis 2013 noch 1,4 Md. Euro pro Jahr an Mitteln aus EFRE-Fonds für Brandenburg zur Verfügung.

 

Passgenaue Unterstützung von KMU

 

Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sind die Hauptträger von Wirtschaftsentwicklung und Beschäftigung im Land Brandenburg. Sie bilden das Rückgrat einer robusten und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstruktur. Sie haben sich im konjunkturellen Auf und Ab als Grundpfeiler für Stabilität und Krisenresistenz erwiesen. Auch deshalb bildet die Förderung dieser Unternehmen einen wesentlichen Schwerpunkt in der neu ausgerichteten Wirtschaftsförderung des Landes und bleibt eine wirtschaftspolitische Daueraufgabe. Die Substanzpflege, die Stärkung der Innovationskraft und die damit zusammenhängende Verbesserung der Eigenkapitalsituation der KMU, des Handwerks und der Freien Berufe sind die wesentlichen Aufgaben dabei. Die Förderung von Existenzgründungen, die Investitionsförderung und der Technologietransfer sind feste Bestandteile der Förderpolitik. Die maximalen Fördersätze für kleine und mittlere Unternehmen sollen weiterhin deutlich höher liegen als für Großbetriebe.

 

Wachstumsbranchen sollen zu Kompetenzclustern werden

 

Die Wachstumsbranchen, die bislang in Branchenkompetenzfelder zusammengefasst waren, sollen zu Kompetenzclustern weiterentwickelt werden. Von dieser Clusterbildung wird ein Innovationsschub erwartet, der Impulse und Synergien für das gesamte Wirtschaftsgeschehen im Land auslöst und damit auch die bisherigen strukturellen Defizite überwindet. Die Entwicklung international wettbewerbsfähiger Kompetenzcluster kann nur gelingen, wenn Brandenburg und Berlin ihre Kräfte vereinigen, insbesondere in Forschung und Entwicklung. Der Großraum Berlin-Brandenburg weist mit 7 Universitäten, 21 Hoch- und Fachschulen sowie rund 250 Forschungsinstituten eine europaweit einmalige Dichte an wissenschaftlichen Einrichtungen auf, die ein herausragendes Innovationspotenzial darstellen. Dieser Tatsache Rechnung tragend, wurde durch die rot-rote Landesregierung eine gemeinsame Innovationsstrategie auf den Weg gebracht. Damit ist es erstmals in der Bundesrepublik gelungen, eine länderübergreifende Strategie zu entwickeln.

 

Im Rahmen der Innovationsstrategie Berlin-Brandenburg wurden fünf gemeinsame Kompetenzcluster ausgewählt. Die Entwicklung solcher Cluster beschränkt sich aber nicht auf die Zusammenarbeit mit Berlin. Um den spezifischen Brandenburger Verhältnissen Rechnung zu tragen, wurden vier Brandenburgspezifische Cluster etabliert. Die Förderung der Kompetenzcluster soll künftig neben der Verbesserung der Eigenkapitalausstattung absolute Priorität genießen, auch angesichts des Rückgangs der zur Verfügung stehenden Mittel. Gerade letzteres muss dazu führen, in der nichtmonetären Förderung eine neue Qualität zu erreichen.

 

Regionale Wachstumskerne fördern gleichwertige Lebensverhältnisse

 

Die Förderung von Kompetenzclustern kann eine Strukturpolitik, die Impulse für alle Regionen setzt und krasse Disparitäten verhindert, nicht ersetzen. Jede Region hat ein Recht darauf, bei der Aktivierung ihrer Potenziale und Überwindung ihrer Schwächen vom Land unterstützt zu werden. Deshalb muss es auch weiterhin um die Zusammenführung von sektoraler und regionaler Wirtschaftsförderung gehen. Die Aufhebung der regionalen Bindung für die Förderung von Branchenkompetenzen war dazu ein wichtiger Schritt. Die 15 Regionalen Wachstumskerne, die über besondere wirtschaftliche und wissenschaftliche Potenziale verfügen, sind über ganz Brandenburg verteilt. Die Förderung dieser Wachstumskerne wird fortgesetzt, um die wirtschaftliche Entwicklung in der Breite zu unterstützen und somit die ökonomischen Grundlagen für gleichwertige Lebensverhältnissen im ganzen Land zu schaffen. Dies gilt auch für die technische und soziale Infrastruktur.

 

Integrierte öffentliche Investitionsstrategie entwickeln

 

Auf lange Sicht brauchen wir eine integrierte öffentliche Investitionsstrategie, die ressortübergreifend alle Vorhaben der Wirtschaftsförderung, Infrastrukturentwicklung, Bildung und Forschung, Kultur und Freizeit zusammenfasst, welche zur Stärkung der »harten« und »weichen« Komponenten des Wirtschaftsstandorts Brandenburg beitragen und somit unser Land für private Investoren wie auch Fachkräfte attraktiv machen. Zu den Zielen eines solchen Investitionsprogramms 2020plus muss gehören, die Kreativwirtschaft als Mittler zwischen Forschung und Verwertung zu ertüchtigen, die Potenziale für eine Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft mit hoher Wertschöpfung zu aktivieren (speziell in Gesundheit und Pflege) sowie regionaler Kreisläufe und nachhaltige Landwirtschaft zu unterstützen. Nachhaltigkeit in der Wirtschaftspolitik bedeutet auch, die Entscheidungskriterien für Wirtschaftsförderung an die Einhaltung bzw. Erreichung sozialer und ökologischer Standards zu binden. Die erstmals in der Wirtschaftsförderung erfolgte Verankerung solcher Kriterien wie Energieeffizienz und Leiharbeitsbeschränkungen sind ein erster Schritt dazu.

 

Brandenburg ist ein gefragter Handels- und Wirtschaftspartner. Die Außenwirtschaftsbeziehungen zu unseren Nachbarn in Polen und in anderen mittel- und osteuropäischen Ländern, aber auch in den Ostseeraum, nach Westeuropa und nach Übersee sind stetig gewachsen. Die Potenziale der Brandenburger Wirtschaft sollen dabei noch mehr als bisher entwicklungspolitisch zum Tragen kommen. Brandenburger Know-how soll weltweit für die Unterstützung von ressourcen- und klimagerechten Wirtschaftsstrukturen und für eine nachhaltige, friedliche Entwicklung nutzbar gemacht werden. Hierzu trägt auch die vielgestaltige internationale Zusammenarbeit der Ressorts der Landesregierung bei. Ein breiter wirtschaftlicher Informations- und Erfahrungstransfer nutzt nicht nur den Partnern, sondern auch Brandenburg. Er sichert nicht zuletzt auch Arbeitsplätze. Die Partnerschaftsbeauftragten in Polen und Rumänien und das geplante Verbindungsbüro des Landes in Szczecin sollen als Bindeglied zwischen Landespolitik, Wirtschaft und Gesellschaft in Brandenburg und den Partnerregionen wirken.