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2.2 Auf der Suche nach Alternativen

Wer in der hochkomplexen Welt von heute mehr will, als sich durch Sachzwänge zu wursteln, braucht einen Kompass. Die Kompassnadel zeigt auf ein Ziel, das hinter dem Horizont des politischen Tagesgeschäfts liegt. Wer überzeugt ist, dass die heutigen Verhältnisse noch lange nicht das Beste aller Möglichkeiten darstellen, wird sich die Frage stellen, in welcher Gesellschaft wir künftig leben wollen.

 

Damit sind wir nicht allein. Vielerorts – und nicht etwa nur im linken politischen Spektrum – wird über Alternativen zum heutigen finanzmarktgetriebenen Kapitalismus nachgedacht. Die krude Realität hat neoliberale Rezepte bis auf die Knochen blamiert. Denkschablonen sind aufgebrochen. Es gibt wieder Raum für Neues. Wir haben einen breiten Wettbewerb der Ideen, wie unsere Demokratie durch selbstbewusstes bürgerschaftliches Engagement stärker und lebendiger werden kann. Viele Menschen geben sich mit vorgegebenen Handlungszwängen und technokratischen Projekten nicht mehr zufrieden, sondern wollen in lebenswichtigen Bereichen wie Wirtschaft, Umwelt oder Klima selbst mitbestimmen und suchen hierfür geeignete demokratische Formen. An diesem Wettbewerb wollen wir uns in Brandenburg mit unseren Ideen und Wertvorstellungen beteiligten.

 

Wie sich die Welt um uns herum verändert

 

In nationalem Rahmen geht eine Phase zu Ende, die vom seinerzeitigen Bundeskanzler Kohl (CDU) mit dem Etikett »Standortwettbewerb« versehen und von seinem Nachfolger Schröder (SPD) mit der sog. »Agenda-Politik« geprägt wurde. Deutschland reagierte dabei auf die Herausforderungen von kapitalistisch geprägter Globalisierung und Deregulierung politisch mit Vergünstigungen vor allem für die großen, am Weltmarkt bestimmenden Unternehmen einerseits und mit Sozialabbau andererseits. Die Unternehmen selbst verlagerten ihre Produktion mehr und mehr in Billiglohnländer, um auf den Weltmärkten konkurrenzfähig zu bleiben, und setzten – sofern sie der Binnenmarkt interessierte – darauf, dass sie die ärmer (weil arbeitsloser werdende) einheimische Bevölkerung mit den zu noch geringeren Lohnkosten produzierten Waren aus der Welt der Globalisierung noch hinreichend günstig versorgen konnten. Doch das funktioniert nicht ewig: Die Absenkung des Lohn- und Gehaltsniveaus in Deutschland selbst und die Strangulierung der Sozialleistungen hat eine untere Grenze durchbrochen, wie die inzwischen breite Mindestlohn-Debatte zeigt; mit wachsender Qualifizierung und Organisationskraft steigen allmählich die Arbeitskosten in der globalisierten Welt. Neue wirtschaftliche Akteure machen den deutschen Unternehmen mittlerweile nicht mehr nur bei den Arbeitskosten, sondern zunehmend in Qualität, technologischem Standard und auch Innovationskraft Konkurrenz. Hier entsteht neuer Anpassungsdruck.

 

Über Deutschlands Grenzen hinaus stellen sich weitere Fragen nach dem Stand der zyklischen Entwicklung, die für Brandenburgs Entwicklung wichtig sind. Hier ist nicht die Rede von zyklischen Konjunkturkrisen, sondern von einige Jahrzehnte umfassenden so genannten »langen Wellen«, den längsten heute bekannten Zyklen, die sich mit einer gewissen Plausibilität statistisch nachweisen lassen. Wissenschaftlich sind sie bis heute umstritten; die damit verbundene Erkenntnis von J. Schumpeter jedoch, dass es für längere Zeiträume bestimmende, grundlegende technische Innovationen (»Basisinnovationen«) gibt, die zu einer Umwälzung in der Produktion und Organisation führen. Für die gegenwärtige Etappe werden digitale Kommunikation und grüne Technologien als Basisinnovationen diskutiert.

 

Das absehbare Ende der fossilen Energieträger kann, so der große linke Denker Elmar Altvater, zum »Ende ... des Kapitalismus (führen), wie wir ihn kennen«. Die globalen Finanzkrisen mit ihren ganze Kontinente erschütternden Wirkungen, die Grenzen der Verfügbarkeit fossiler Energieträger und die aus ihrer Verbrennung resultierenden Klimafolgen sieht er als Vorboten dieser Veränderungen. Die Alternativen seien gesellschaftliche Initiativen für Erneuerbare Energien und für die Verwirklichung solidarischer Wirtschaftsformen.