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6. Für eine handlungsfähige und bürgernahe Verwaltung

Öffentliche Dienstleistungen bedarfsgerecht und flächendeckend sichern

Zentrale Aufgabe eines modernen Staates ist die Sicherung der Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger. Die Infrastruktur öffentlicher Dienstleistungen ist dabei bedarfsgerecht und flächendeckend anzubieten, Verwaltungshandeln transparent und leistungsorientiert zu gestalten. Dies ist unser Maßstab für die Qualität der öffentlichen Dienstleistungen. Verwaltung ist Dienstleistung für die Bürgerinnen und Bürger!

Eine Funktionalreform ist überfällig

Oft wird vorgeschlagen, die Verwaltungsstrukturen neu zu ordnen. Eine Diskussion darüber muss auch in Brandenburg geführt werden. Dabei ist sorgfältig zu klären, welche Aufgabenbereiche auf welcher Verwaltungsebene am besten aufgehoben sind, wo ein größerer räumlicher Zuschnitt sinnvoll erscheint und wie die demokratische Qualität der Entscheidungsprozesse bewahrt und gestärkt werden kann.

Kern der Funktionalreform ist es, eine klare Arbeitsteilung zwischen den Verwaltungsebenen durchzusetzen. Kompetenzüberlappungen, Doppelverantwortlichkeiten und gegenseitige bürokratische Blockaden sollen verschwinden. Eine solche Reform muss mehr sein als die technokratische Optimierung von Verwaltungsvorgängen und das Einsparen von Stellen. Ziel ist eine den örtlichen Bedingungen angepasste, von Eigenverantwortung getragene, von gewählten Vertretungen kontrollierte und durch bürgerschaftliches Engagement gestärkte lokale Selbstverwaltung. Nicht die Privatisierung öffentlicher Aufgaben, sondern deren Kommunalisierung muss im Vordergrund stehen.

Auch Neuordnung der Finanzen zugunsten von Städten und Gemeinden

Auch Neuordnung der Finanzen zugunsten von Städten und Gemeinden
Eine Funktionalreform muss eine deutliche Verschiebung der Planungs- und Koordinierungskompetenzen hin zu den Kommunen in Gang setzen, inklusive eines entsprechenden Transfers der rechtlichen und finanziellen Ausstattung. Vorraussetzung ist eine Neuordnung der föderalen Finanzen zugunsten der Kommunen. Vorrang hat für uns die Stärkung der Selbstverwaltung in den Städten und Gemeinden, weil hier demokratische Teilhabe unmittelbar praktiziert werden kann. Die Funktionalreform von 1993-1996 hat zwar Aufgaben und Kompetenzen vom Land auf die Kreise verlagert, ist aber den zweiten Schritt schuldig geblieben, denn eine nennenswerte Kompetenzübertragung von den Landkreisen auf die Städte und Gemeinden fand nicht statt.

Konnexitätsprinzip bleibt Basis – aber dieses flexibel anwenden!

Im Zuge einer neuen Funktionalreform sollten die lokalen Kompetenzen grundsätzlich auf die Städte und Gemeinden übergehen, damit umständliche Verfahren im Landkreisamt und Kompetenzgerangel zwischen den Verwaltungen künftig vermieden werden. Straßenverkehrsrechtliche Anordnungen, Kfz-Zulassungen und Fahrerlaubnisangelegenheiten, die Erteilung von Baugenehmigungen und Bauabnahmen, das gesamte Schulwesen sowie der Denkmalschutz sollten künftig zum Kompetenzbereich der Städte, Ämter bzw. amtsfreien Gemeinden gehören. Grundlage ist das Konnexitätsprinzip, also der untrennbare Zusammenhang von Aufgabenübertragung und Übertragung der erforderlichen Finanzmittel. Dieses Prinzip darf von der Landesregierung nicht missbraucht werden, um den Transfer von Kompetenzen zu hintertreiben. Zugleich sollte über eine flexible Anwendung im gegenseitigen Einvernehmen nachgedacht werden.

Interkommunale Kooperation vorantreiben

Projektgebundene Zusammenschlüsse in Regionen

Die demografische Entwicklung, der verschärfte Standortwettbewerb, die wachsende Komplexität der Daseinsvorsorge und die knappen Kassen zwingen die Kommunen, nach neuen Wegen zu suchen, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Ein großes Potenzial bietet interkommunale Kooperation. Städte und Gemeinden arbeiten auf einer vertraglichen Grundlage zusammen, um ein gemeinsames Projekt zu realisieren. Dies kann die Wasserversorgung oder Abwasserentsorgung sein, der gemeinsame Betrieb einer Schule oder Kindereinrichtung, ein ÖPNV-Verbund oder auch eine gewerbliche Entwicklungsmaßnahme, welche Kraft und Kompetenz jedes einzelnen Teilnehmers übersteigt. Projektgebundene Zusammenschlüsse können sowohl in Teilregionen einzelner Landkreise als auch Landkreis übergreifend organisiert werden. Voraussetzung für eine solche kommunale Zusammenarbeit ist, dass die beteiligten Akteure die notwendige Handlungsautonomie, Kompetenz und Finanzausstattung einbringen - auch hierfür braucht es eine konsequente Funktionalreform. Wenn sich diese Zusammenarbeit verstetigt und auf immer mehr Vorhaben ausdehnt, kann dadurch unter Wahrung des Prinzips der Freiwilligkeit auch eine neue, funktional definierte Territorialität in Brandenburg begründet werden.


Landkreise mit neuen Aufgaben

Im Zuge der Funktionalreform sollte auch über die künftige Rolle der Landkreise nachgedacht werden. Dabei gilt es, deren Aufgaben als kommunale Gebietskörperschaften im Verhältnis zwischen Städten und Gemeinden einerseits und dem Land andererseits neu zu bestimmen und klar abzugrenzen. Mit den neuen Aufgaben ist auch auf dieser Verwaltungsebene die rechtliche und finanzielle Ausstattung zu klären. Im Ergebnis von Funktionalreform und interkommunaler Kooperation kann auch über den territorialen Zuschnitt der Landkreise nachgedacht werden. Voraussetzung für eine territoriale Neugliederung der Verwaltungsstrukturen ist auf jeden Fall, den demokratischen Charakter der politischen Willensbildung in den Gebietskörperschaften zu bewahren.