3. Arbeit für ein Leben in Würde
Neue Chancen für ein befriedigendes und familien-freundliches Arbeitsleben …
Technologische Innovation, Automatisierung und Rationalisierung versetzen die Wirtschaft in die Lage, immer mehr materielle und immaterielle Güter mit einem immer geringer werdenden Aufwand an Arbeit zu erzeugen. Eigentlich bestehen damit die Voraussetzungen für eine Gesellschaft, in der Wohlstand und Freiheit zu Allgemeingütern werden. Die Arbeitszeit könnte sukzessive verringert werden, um mehr Raum für Bildung und Gesundheit, Freizeit und Familie zu gewinnen.
… aber heute wird die Arbeitswelt von sinkenden Löhnen und längerer Arbeitszeit bestimmt
Die heutige Realität sieht anders aus. Nach der herrschenden neoliberalen Logik gilt der Mensch mit seiner Arbeitskraft als ein Rohstoff im Wirtschaftsmechanismus, der immer häufiger angeboten und immer seltener nachgefragt wird. Das führt zu Preisverfall. Der Niedriglohnbereich, wo auch Vollzeitarbeit kein existenzsicherndes Einkommen gewährleistet, wächst immer weiter. Wachsender Existenzdruck bewirkt, dass die realen Löhne und Gehälter in den meisten Branchen stagnieren, während die Arbeitszeit wieder länger wird.
Arbeit hat Priorität – Arbeit zu menschenwürdigen Bedingungen!
Erwerbseinkommen muss menschenwürdiges Leben ermöglichen!
Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit steht die Schaffung von Arbeitsplätzen in Brandenburg an oberster Stelle. Im Unterschied zum neoliberalen Denkmuster geht es uns aber nicht um Arbeit zu jedem Preis. Ein Erwerbseinkommen muss ein menschenwürdiges Leben oberhalb der Armutsgrenze ermöglichen. Aus diesem Grund brauchen wir einen gesetzlichen Mindestlohn.
Ebenso wichtig ist, dass Arbeitsverhältnisse, welche die Würde und Privatsphäre der Beschäftigten verletzen, juristisch und gesellschaftlich geächtet werden. Arbeitnehmerrechte und Arbeitsschutzbestimmungen dürfen nicht der Deregulierung zum Opfer fallen. Verletzungen der Menschenwürde im Arbeitsleben sollten ebenso ernst genommen werden, wie politische Menschenrechtsverletzungen.
Flexibilität im Arbeitsleben, aber nicht gegen Arbeitnehmerinteressen
Flexibilität nicht auf Kosten der Arbeitnehmer und ihrer Rechte
Das moderne Wirtschaftsleben erfordert volles Engagement und hohe Flexibilität, inklusive der Bereitschaft zu kontinuierlicher Weiterbildung, räumlichen Wechseln und Überstunden. Die Politik sollte Regelungen für mehr Flexibilität unterstützen, die nicht auf Kosten von Arbeitnehmerinteressen und Mitbestimmungsrechten gehen. Ebenso muss verhindert werden, dass reguläre tarifliche Arbeit durch zweitklassige und prekäre Erwerbsverhältnisse verdrängt wird, in denen die Arbeitnehmer alle Risiken tragen und dafür auch noch schlechter vergütet werden und weit weniger Rechte haben.
Rechte für Berufseinsteiger garantieren - unbezahlte Arbeit skandalisieren
Das Problem prekärer Beschäftigung betrifft bei weitem nicht nur Ungelernte, sondern zunehmend auch hoch qualifizierte Berufseinsteiger mit akademischen Abschlüssen, die durch un- oder gering bezahlte Praktika oder Teilzeitvergütung bei faktisch ganztägiger Arbeit geradezu sittenwidrig behandelt werden. Dieses Problem muss endlich auf die politische Tagesordnung gesetzt werden.
Brandenburg soll kein Billiglohnland bleiben. Es hat sich europaweit erwiesen, dass niedrige Löhne keineswegs zu mehr Wachstum und Beschäftigung führen. Europaweite Arbeitnehmerfreizügigkeit bedarf sozialer Standards, wie eines bundesweiten Existenz sichernden Mindestlohnes.
Teilhabe am Wirtschaftsleben: Chancengleichheit und Solidarität
Gerechte Teilhabe am Wirtschaftsleben steht im Mittel-punkt
Eine nachhaltige Arbeitsmarktpolitik beginnt nicht erst bei der Verwaltung von Arbeitslosigkeit. „Hartz IV“ liegt nicht im Zentrum, sondern am Ende einer verfehlten Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik. Das Hauptaugenmerk verantwortlicher Arbeitsmarktpolitik ist auf die gerechte Teilhabe der Menschen am Wirtschaftsprozess gerichtet.
Teilnahme heißt mitgestalten und mitgewinnen …
Teilhabe bedeutet zunächst, „dabei zu sein“, also im Erwerbsleben fest integriert zu sein. Teilhabe bedeutet, mitgestalten zu können, die eigenen Interessen wirkungsvoll einbringen zu können und eine gerechte Vergütung der eingebrachten Leistungen zu erhalten.
… und dies kann in vielfältigen Formen geschehen
Ein solches Leitbild kann in der Praxis ganz unterschiedlich ausgeformt werden, von fest institutionalisierten Arbeits- und Mitbestimmungsverhältnissen bei BASF in Schwarzheide über stark personalisierte und quasi-partnerschaftliche Verhältnisse in den vielen Klein- und Kleinstunternehmen bis hin zur alternativen selbst bestimmten ländlichen Existenz in der Uckermark.
Für eine bessere Arbeitswelt brauchen wir starke Gewerkschaften!
Je mehr Teilhabe an Gestaltung und Gewinn im Wirtschaftsleben durchgesetzt werden kann, je weniger Menschen aus dem Erwerbsleben ausgestoßen werden, desto weniger werden die sozialen Sicherungssysteme unseres Gemeinwesens belastet. Für eine solche Trendwende müssen wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Rahmenbedingungen geschaffen werden. Das gelingt nur, wenn zugleich ein Wandel der gesellschaftlichen Leitbilder zur Arbeitswelt eintritt, wozu alle Wirtschaftsakteure beitragen müssen. Gemeinsam mit starken Gewerkschaften können wir dies erreichen.
Öffentlich geförderte Beschäftigung für Brandenburg
Öffentlich geförderte gemeinnützige Beschäftigung ist Zukunftssicherung
Angesichts des Rückgangs der existenzsichernden privatwirtschaftlichen Erwerbsarbeit wird die allgemeine Teilhabe am Wirtschaftsleben eine immer wichtigere öffentliche Aufgabe. Das bedeutet nicht mehr staatliche Verwaltung, sondern mehr selbstbestimmte soziale Organisation. Öffentlich geförderte Beschäftigung kann Angebote für sinnstiftende und existenzsichernde Tätigkeiten eröffnen, die auf dem Markt nicht gehandelt werden, aber für die Sicherung unserer Zukunft unerlässlich sind. Hierzu gehören nicht nur solche Aufgaben wie Bildung und Kultur, die jeden Einzelnen mit allem Notwendigen für eine aktive Teilhabe am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben ausrüsten sollen, sondern das gesamte Spektrum an gemeinnützigen Arbeiten.
Ein solcher öffentlicher Beschäftigungssektor darf nicht zu einem weiteren Notnagel auf dem „Zweiten Arbeitsmarkt“ verkommen, der für kurze Zeit schlecht bezahlte Arbeit bringt und ansonsten als staatlich subventionierte Konkurrenz gegenüber der Privatwirtschaft funktioniert, dort betriebliche Existenzen vernichtet und die Lohnspirale weiter in den Abgrund führt. Sein Tätigkeitsbereich soll auf gesellschaftliche Aufgaben begrenzt sein, Finanzierung und Agieren erfordern höchste Transparenz.
Arbeitslose nicht diskriminieren, sondern unterstützen
Die meisten Erwerbslosen sind unverschuldet ohne Arbeit. Manchen fehlen grundlegende Kompetenzen für die heutige Arbeitswelt. Einige folgen Lebensentwürfen außerhalb der Erwerbsarbeit.
Wir treten für eine solidarische Gesellschaft und Politik ein, die Arbeitslose nicht diffamiert und zur bevorzugten Zielscheibe von Sozialneid werden lässt. Brandenburg braucht keinen Ausbau der staatlichen Arbeitslosenverwaltung zu einer bürokratischen Maschinerie, die ihre Kraft auf die soziale Kontrolle von Zuwendungsempfängern konzentriert.
Bedarfsorientierte soziale Grundsicherung statt Hartz IV
Allen Erwerbslosen soll eine bedarfsorientierte soziale Grundsicherung zur Verfügung stehen, die eine menschenwürdige Existenz hierzulande erlaubt. Die Verbreitung von Niedriglöhnen weit unter dem Existenzminimum darf nicht mit einer weiteren Absenkung der Arbeitslosenbezüge beantwortet werden. Notwendig ist eine kritische Durchsicht und Erneuerung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente.
Innovative arbeitsmarktpolitische Instrumente für mehr reguläre Beschäftigung
Der Teufelskreis von Arbeitslosigkeit, Fortbildung, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und zurück in die Arbeitslosigkeit muss durchbrochen werden. Auf Maßnahmen, welche die Statistik schönen, aber die Arbeitslosigkeit nur kurz unterbrechen und nicht auf den regulären Arbeitsmarkt zurückführen, kann man verzichten. Durch innovative Verbindung von aktiven und passiven Instrumenten der Arbeitsmarktpolitik können reguläre und existenzsichernde Beschäftigungsverhältnisse geschaffen werden.
Fortbildung gehört zur Grundausstattung aktiver Arbeitsmarktpolitik
Fortbildungsangebote gehören in der Wissensgesellschaft zur Grundausstattung aktiver Arbeitsmarktpolitik. Die Vermittlung fachlicher und sozialer Kompetenzen ist noch immer das wirksamste Instrument, um Arbeitslosen den Weg in eine dauerhafte Beschäftigung zu ebnen. Zugleich kann durch qualitativ hochwertige Berufsbildungsgänge und intensive berufliche Weiterbildung dem prognostizierten Fachkräftemangel begegnet werden.