Diese Website verwendet Cookies.
Zum Hauptinhalt springen

1. Gleichwertige Lebensverhältnisse in vielfältigen Regionen

Grundrechte und Staatsziele der Verfassung gelten im ganzen Land!

Kaum ein anderes Bundesland weist so große regionale Unterschiede auf wie Brandenburg. Der Ring um Berlin profitiert von der Wirtschaftskraft und Attraktivität der Metropole. Hier „brummt der Bär“, fast mehr noch als in der Hauptstadt. Hier gibt es Chancen auf Wachstum und Beschäftigung. Im „Speckgürtel“ leben viele Menschen, welche die Arbeits- und Freizeitangebote der Metropole mit den Vorzügen des ruhigen Wohnens im Grünen verbinden. Es ist einer der wenigen Regionen in Deutschland mit steigenden Einwohnerzahlen.

Aber schon in den hauptstadtfernen Gebieten der Landkreise um Berlin ändert sich das Bild. Wir sehen ländlich geprägte Räume mit ausgeprägten kleinstädtischen und dörflichen Mentalitäten. Diese Züge verstärken sich, je weiter man in die dünn besiedelten Landschaften der Prignitz, der Uckermark oder des Oderbruchs schaut. Hier wird die klassische Erwerbsarbeit zur Mangelware; dafür entsteht umso mehr Raum für alternative Lebensentwürfe. Regionale Zentren wie Frankfurt (Oder), Cottbus oder Brandenburg kämpfen nach dem Verlust ihrer früheren industriellen Basis und damit auch eines erheblichen Teils ihrer Einwohnerschaft um eine neue wirtschaftliche Perspektive und städtische Identität. Die Lausitz wiederum erlebt mit dem Braunkohlentagebau und seinen Folgen, wie sich eine ganze Kulturlandschaft durch Industrialisierung und Rekultivierung verwandelt.

Regionale Vielfalt ist Herausforderung und Chance zugleich

Regionale Vielfalt bedeutet auch Vielfalt der Entwicklungspotenziale

Für die Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse ist diese regionale Vielfalt eine Herausforderung und Chance zugleich. Gleichwertig bedeutet in unserer komplexen Gesellschaft längst nicht mehr gleichförmig. Der räumlichen Vielfalt an Lebensbedingungen steht eine Vielfalt an individuellen und gemeinschaftlichen Leitbildern und Lebensformen, Bedürfnissen und Interessen, Idealen und Bindungen gegenüber. Großstädte und metropolitane Ballungsräume mit ihrer Angebotsdichte für Arbeit, Freizeit und Kultur bieten andere Vorzüge und Nachteile, als ländlich geprägte Regionen mit ihren Kleinstädten, Dörfern und naturnahen Siedlungen.

Chancen für individuelle Lebensgestaltung in vielfältigen Regionen

Die regionale Vielfalt ist eine Voraussetzung für individuelle Lebensgestaltung. Sie sollte nicht glatt gebügelt, sondern in ihren jeweiligen Vorzügen weiter ausgeprägt werden. Die Vielfalt hat erst dort ihre Grenze, wo der Respekt vor dem Anderen und den Grundwerten des Gemeinwesens beginnt. Der Respekt vor Lebensstil, Glaube, ethnischer Zugehörigkeit oder sexueller Orientierung gilt überall gleichermaßen, hier darf es keine Freiräume und erst recht keine „national befreiten“ Räume geben.

Gleichwertige Lebensverhältnisse bleiben Ziel der Landesentwicklung

Grundrechte und Staatsziele der Verfassung gelten im ganzen Land!

Gleichwertige Lebensverhältnisse, wie sie die brandenburgische Landesverfassung im Artikel 44 vorsieht, bleiben das übergeordnete Ziel der Landesentwicklung. Daran darf nicht gerüttelt werden. Auch angesichts großer regionaler Unterschiede, vielfältiger Problemlagen und begrenzter finanzieller Ressourcen haben die Brandenburgerinnen und Brandenburger ein Recht auf einen Grundkanon öffentlicher Leistungen, der eine Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse überall im Land herstellt.

Die Grundrechte und Staatsziele der Brandenburgischen Verfassung wie Strukturförderung, soziale Sicherung, Wohnung und Arbeit gelten im ganzen Land. Es kann nicht sein, dass ganze Regionen zugunsten einer Metropolenregion um Berlin abgeschrieben werden. Eine landesweite Verteilung von starken Zentren, die als wirtschaftliche Lokomotiven, öffentliche Dienstleister, kulturelle Mittelpunkte und soziale Versorger für ihre Regionen dienen, ist in Brandenburg unverzichtbar.

Starke regionale Zentren sind unverzichtbar

Daher halten wir die landesplanerische Grundidee, regionale Zentren zu fördern, weiterhin für zielführend. Bislang fehlte es an politischem Willen bei der Zuteilung der Ressourcen und Kompetenzen. Durch konsequente Prioritätensetzungen in der Landesplanung und Förderpolitik sowie bei öffentlichen Investitionen und Funktionsansiedlungen sollen Leistungsfähigkeit und Attraktivität der zentralen Orte in den Regionen wieder gestärkt werden.

Regionale Vielfalt erfordert innovative Ansätze

Kompetenzen der Städte und Gemeinden stärken

Unser Hauptkriterium für die öffentliche Daseinsvorsorge ist der gleichberechtigte und kostengünstige Zugang zu den lebenswichtigen Dienstleistungen, die in hoher Qualität flächendeckend, verlässlich und dauerhaft vorzuhalten sind.

Maßgeschneiderte Konzepte für jede Region

Unterschiedliche Regionen brauchen maßgeschneiderte Konzepte, die auf die jeweiligen örtlichen Bedingungen abgestimmt sind. Solche Konzepte entstehen am Besten in den Regionen selbst und nicht in der Landesregierung. Wir setzten gelebte Subsidiarität und Autonomie gegen zentralistischen Dirigismus aus Potsdam.

Mehr lokale Autonomie und Demokratie

Auf jeden Fall sollten die Planungs- und Koordinierungskompetenzen der Städte und Gemeinden bei konsequenter Arbeitsteilung mit den Landkreisen und Planungsgemeinschaften gestärkt werden. Dabei kann die interkommunale Kooperation zu neuen regionalen Strukturen führen, die auch eine neue funktional definierte Territorialität in Brandenburg begründen.

Kein Rückzug des Staates

In immer dünner besiedelten Räumen wird eine Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse künftig nur noch dann gewährleistet werden können, wenn für die Verwaltung und Versorgung neue Strukturen und Verfahren gefunden werden, die flexibel auf die jeweiligen örtlichen Erfordernisse eingestellt werden können. Hier eröffnet sich ein großes Experimentierfeld für mehr Demokratie durch selbstbestimmtes und selbst verantwortetes lokales Handeln, wofür die nötigen rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen zu schaffen sind. Die Verlagerung von Entscheidungskompetenzen zu den Akteuren vor Ort bedeutet aber nicht, dass sich der Staat in dünn besiedelten Räumen aus seiner Verantwortung stiehlt.